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29.04.2024

Kanu-Slalom: Funk, Lilik, Hegge und Tasiadis lösen Olympia-Ticket

Nervenkitzel pur: Es waren vier aufreibende Wettkämpfe. Außer bei Ricarda Funk war es ein Kampf bis zum letzten Rennen. Das deutsche Team fährt mit zwei Debütanten nach Paris.

Timo Trummer bei der Olympiaquali auf dem Markkleeberger Wildwasserkanal.
© Bildnachweis: Uta Büttner

Der letzte Wettkampftag der deutschen Olympia-Qualifikation im Kanu-Slalom am Sonntag in Markkleeberg war an Dramatik nicht zu überbieten. Ricarda Funk, Elena Lilik, Noah Hegge und Sideris Tasiadis haben das Olympia-Ticket für Paris 2024 gelöst. „Es waren die härtesten Wochen seit den letzten fünf Jahren“, so hat Tokio-Olympiasiegerin Ricarda Funk die Vorbereitungen und Wettkämpfe um die Olympia-Startplätze im Kanuslalom beschrieben. Dabei gelang ihr bereits nach drei Rennen eine Vorentscheidung.
Mit welchem Druck die Athletinnen und Athleten umgehen mussten, zeigte am deutlichsten Elena Lilik von den Kanu-Schwaben Augsburg. Die Doppelstarterin hatte im Kajak-Einer keine Chance mehr, blieb noch der Canadier-Einer. Im letzten Rennen musste ein Sieg gegen die Tokio-Olympiabronze-Gewinnerin Andrea Herzog vom Leipziger KC her. Ihr Finallauf war nicht perfekt, das wusste die 25-Jährige. Dann musste sie warten, was ihre Dauerrivalin macht. „Ich hatte einfach gehofft, dass mein Lauf reicht“, sagte Lilik, für die es die ersten Olympischen Spiele sind. Als die Leipzigerin im Ziel war und eine zwei an der Anzeigetafel stand, brach Lilik unter Tränen nur noch zusammen. All ihre Emotionen entluden sich in lang anhaltenden Schreien. „Es ist so verrückt“, sagte sie. Dass es am Ende für die Augsburgerin aber auch reichte, verdankt Lilik ihrem einen Bonuspunkt, den sie sich bei der WM voriges Jahr in London gesichert hatte, und der in die Wertung mit einfloss.

Noch dramatischer ging es bei den Kajak-Herren zu. Stefan Hengst (KR Hamm) hatte keine Chance mehr, aber der 30-Jährige konnte das Zünglein an der Waage sein. Und so kam es am Ende auch. Hannes Aigner (Augsburger KV) musste gewinnen, setzte sich im letzten Finale auch vor Hegge, der vor ihm gestartet war. Als Halbfinalerster fuhr Hengst als letzter Starter im Finale. Nun hieß es für die beiden zu warten, wo sich Hengst platziert. Der erwischte einen fabelhaften Lauf und setzte 0,62 Sekunden vor Aigner. Der glückliche Gewinner des Olympia-Tickets ist damit Hegge. Beim anschließenden Interview wirkte der 25-Jährige eher, als hätte er den Zweikampf verloren. „Ich checke das gerade noch gar nicht so richtig“, erklärte er anschließend. Es sei schon verrückt und er warte, was jetzt alles kommen werde. Denn es sind die ersten Olympischen Spiele für ihn.
Für Aigner und Hengst ist es aber noch nicht ganz vorbei. Sie dürfen den Traum von Olympia noch träumen. Doch dazu müssen Hengst oder Hegge beim Weltcup in Prag erst den Quotenplatz holen. Und erst dann beim Weltcup in Krakau wird sich entscheiden, wer von den beiden Deutschen in Paris dabei sein dürfen.

Wenn man meint dramatischer geht es nicht, dann wusste man noch nicht, was bei dem Wettkampf im Canadier-Einer der Männer passiert. Das Rennen ist beendet, Sideris Tasiadis (KS Augsburg) gewinnt, die Freude ist groß. Dann folgt eine bittere Information: Der Wettkampf war teilweise ungültig. Der Grund, im Lauf von Timo Trummer (KV Zeitz) hatte sich ein Torstab gelöst. Nach einer kurzen Unterbrechung wurden mit Lennard Tuchscherer, Franz Anton (beide Leipziger KC) und Sideris Tasiadis (KS Augsburg) die letzten drei Finalisten den Stangenparcours heruntergeschickt. Weil die Toraufhängung aber dabei nicht mehr ganz korrekt war, wie man später feststellte, entschied die Jury nach dem Wettkampf, dass die letzten Vier – darunter Trummer – ihren Lauf wiederholen mussten. Eine enorme mentale und physische Herausforderung. Einzig frei auffahren konnte Franz Anton, der im Kampf um das Olympia-Ticket bereits ausgeschieden war. Ihm gelingt in diesem Wiederholungslauf ein furioses Rennen, gewinnt vor Trummer und sorgt mit diesem Sieg gleichzeitig dafür, dass sein Dauerrivale der vergangenen Jahre, Sideris Tasiadis, trotz dessen durchwachsenen Wiederholungslaufes – er landete nur noch auf Rang fünf –, das Olympia-Ticket löste. Unmittelbar nach dem ganzen Drama sagte Tasiadis, „Es überwiegt jetzt gerade noch die Wut, wie die Entscheidung gefallen ist. Aber es kommt schon jetzt die Freude, dass ich es unter diesen Umständen geschafft habe. Schwierig war es für jeden der Vier von uns. Dass man da noch sauber und gut performt, ist echt schwer. Zwei Läufe hatte ich gewonnen, und dann sollte ich nochmal ran. Dass ich dann nochmal gewinne, das geht fast nicht. Die ganze Anspannung, die ich davor hatte, war natürlich abgefallen. Der ganze Druck der letzten Wochen war weg, das ist ja klar. Ich hatte das Ziel, als ich im Ziel war, ja eigentlich erreicht. Da ist klar, dass mein Körper sagt: Okay jetzt haben wir unseren Job getan.“ Dennoch reichte es für ihn, dank der Schützenhilfe von Franz Anton. Für Lennard Tuchscherer ist es jedoch eine bittere Pille, auch er hatte in dem dritten Lauf dieses Tages keine Kräfte mehr und rutscht damit sogar aus der Nationalmannschaft.
Olympiasiegerin Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) jubelte bereits am vorletzten Wettkampftag. Die 32-Jährige sagte mit tränenerstickter Stimme, „es waren die härtesten Wochen seit den letzten fünf Jahren. Es ist gefühlt härter als die Olympia-Teilnahme. Weil, alles, was zählt, ist Platz eins. Platz zwei ist leider zu schlecht.“

Fazit des Cheftrainers
Cheftrainer Klaus Pohlen sagte nach der Olympia-Qualifikation, „es haben sich die Leute aus dem Kreis, die wir im Auge hatten, auch durchgesetzt.“ Bezüglich Nachwuchsentwicklung meinte er, „mir tut es gut, dass Noah den Sprung in die Olympia-Mannschaft geschafft hat.“ Denn gerade in dem Kajak-Bereich der Herren sei es in den vergangenen Wochen schwierig gewesen. „Jetzt haben wir mit ihm jemanden, der von den drei Sportlern, die wir aktuell an der Spitze haben, sicherlich noch das größte Entwicklungspotenzial hat.“ Mit Blick auf die Olympia-Strecke in Paris sagte Pohlen, „ich denke, dass wir mit der Strecke klarkommen. Zielsetzung ist, dass jeder, der im Team ist, um Medaillen mitfahren wird.“
Die offizielle Nominierung zu den Olympischen Spielen erfolgt durch den DOSB.
Text, Fotos, Videos: Uta Büttner


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