Schwimm-WM: Freiwasser
Es war das spannendste Finish dieser Freiwasserwettkämpfe bei den Weltmeisterschaften in Fukuoka (JPN). Die deutsche Staffel mit Lea Boy, Leonie Beck (beide SV Würzburg 05), Rob Muffels (SC Magdeburg) und Oliver Klemet (SG Frankfurt) schwamm taktisch klug und musste sich am Ende nach einem starken Zweikampf mit nur 0,2 Sekunden Rückstand auf Australien in 1:11:26,9 Stunden trotzdem mit Platz vier zufriedengeben. Gold erkämpfte sich Italien (1:10:31,2) vor Ungarn (1:10:35,3).
„Jedes Rennen fängt von vorne an, das ist auch das, was es so spannend macht. Alles in diesem Rennen war eine Überraschung. Beim Anschlag kann auch nur einer den dritten Platz machen. Wir sind nicht sauer, vielleicht ein bisschen enttäuscht, aber es ist immer noch ein vierter Platz bei einer WM. Ich glaube, daran hat man gut gesehen, wie cool Freiwasser ist, dass alles immer sehr knapp ist und es Überraschungen gibt. Ich bin auf jeden Fall stolz auf unser Team”, erklärte Doppelweltmeisterin Leonie Beck. Die Freude über insgesamt vier Gold- und eine Bronzemedaille in diesen WM-Tagen für das deutsche Freiwasserteam überwog eindeutig. Als beste Nation wurde Deutschland dafür am Donnerstag mit der Team Trophy ausgezeichnet.
Als Zuschauer stand Florian Wellbrock (SC Magdeburg) diesmal nur an der Strecke und feuerte sein Team schon beim Einmarsch an. Auf die Aktiven warteten zum Abschluss ganz andere Bedingungen als an den Tagen zuvor: Die Sonne versteckte sich hinter den Wolken, zu 25 Grad Luft- und 26,7 Grad Wassertemperatur wehte auch noch ein heftiger Wind, der die Wellen anwachsen ließ.
Startschwimmerin Lea Boy wechselte als Achte mit 70 Sekunden Rückstand zur Spitze, einige Teams hatten allerdings auch Männer an die ersten beiden Positionen eingesetzt. Deswegen war es auch nicht weiter beängstigend, dass Leonie Beck nach ihrer Runde als Neunte mit 1:25 Minuten Rückstand übergab. Die Mitfavoriten Italien und Ungarn blieben jedenfalls auch hier in unmittelbarer Nähe. Nun kam Rob Muffels zum Zug. Der 28-Jährige zeigte seine Erfahrung und behielt gegen internationale Topleute wie Domenico Acerenza (ITA) und Kristóf Rasovszky (HUN) als Vierter den Anschluss, nur Australien lag beim letzten Wechsel noch ein paar Sekunden vor diesem Trio.
Doch schon bald nach dem letzten Wechsel setzte sich der italienische Superstar Gregorio Paltrinieri mit einem hohen Tempo an die Spitze. Bei der Hälfte der letzten Runde hatte er sich mit Dávid Betlehem (HUN) um neun Sekunden abgesetzt, der deutsche Schlusschwimmer Oliver Klemet kämpfte mit Kyle Lee (AUS) ab da um Bronze. „Es war heute deutlich anstrengender mit den Wellen. Auf der Gerade nach oben gegen die Wellen musste man deutlich mehr arbeiten, ich glaube, da haben der Australier und ich auch am meisten verloren”, analysierte Klemet.
Der Zweikampf zwischen Deutschland und Australien wurde auch erst auf dem letzten Meter entschieden. Erst sah es noch so aus, als würde Klemet die sechste Medaille für Deutschland holen können, doch dann erwischte Lee den Anschlag besser und sicherte somit Bronze für Australien. „Er war eigentlich deutlich in Front, schwamm aber dann mit dem Kopf auch noch unter dem Brett durch, bevor er angeschlagen hat. Der Australier hat es geschickter gemacht und Oli war halt schon sehr kaputt, muss man sagen. Man hat gemerkt, dass ihn die anderen beiden Rennen schon sehr erledigt haben, und bei den Wellen kam er auch nicht so gut zurecht, dafür ist er einfach zu leicht. Dazu hat er noch bei jedem Zug geatmet, ist also sehr aufwändig geschwommen. Es ist ein Fehler, der nicht hätte passieren müssen. Natürlich ist die Konzentration dann weg, aber das muss so ein bisschen automatisch ablaufen, das bedeutet nur, dass wir es häufiger üben müssen”, sagte Trainer Bernd Berkhahn nach dem Rennen.
Für Rob Muffels, der Oliver Klemet nach dessen Bronzemedaille über 10km nun den Startplatz für die Olympischen Spiele überlassen musste, steht nach dieser WM fest, dass es in Richtung Karriereende geht: „Ich hatte für mich gemeinsam mit meinem Trainer Bernd Berkhahn schon entschieden, dass, wenn Paris keine Option mehr ist, mein Karriereende dann auch ansteht. Ich werde jetzt in zwei Wochen nochmal den Weltcup in Paris schwimmen, möchte nochmal versuchen, mich in der Gesamtwertung ein bisschen besser zu positionieren, und dann geht das Studentenleben los.” Sein Psychologiestudium in Magdeburg hatte er zu Gunsten der Olympischen Spiele in Tokio (JPN) unterbrochen, dieses will er nun nach seiner erfolgreichen Karriere wieder aufnehmen. Muffels größte Erfolge waren die beiden Weltmeistertitel mit der Staffel 2015 in Kasan (RUS) und 2019 in Gwangju (KOR). Im Einzel holte er 2019 zudem WM-Bronze über 10km und vor zwei Jahren noch einmal EM-Silber mit dem Team.
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