Die EM-Ausbeute: einmal Einzel-Silber, Gold und Bronze in Team-Wettbewerben
Die Europameisterschaften im slowakischen Liptovsky-Mikulas haben gezeigt: Das deutsche Team ist gut, doch ein paar Hausaufgaben bis zu den Weltmeisterschaften in Augsburg vom 26. bis 29. Juli sind noch zu erledigen.
Canadierfahrer Sideris Tasiadis holte als einziger mit Silber eine Einzelmedaille. Dabei lieferte er schon einen nahezu perfekten Lauf ab, musste sich lediglich dem aktuellen Olympiasieger Benjamin Savsek aus Slowenien geschlagen geben. Gemeinsam mit seinem Mannschaftskollegen Franz Anton (Leipziger KC) und Timo Trummer (KV Zeit) holte der Augsburger Kanu-Schwabe zudem Team-Gold. Ebenfalls über Edelmetall freuen konnten sich die Kajak-Herren Hannes Aigner (Augsburger KV), Noah Hegge (KS Augsburg) und Stefan Hengst (KR Hamm). Ohne Torstabberührung schlängelten sich die Drei durch den schwierigen Stangenparcours und belohnten sich mit Bronze. Ebenfalls erfolgreich nach Hause fahren kann Nele Bayn vom Leipziger KC. Die 22-Jährige erbrachte den vom Deutschen Kanuverband geforderten Leistungsnachweis. Sie sicherte sich durch ihren beherzten Halbfinallauf im Canadier-Einer das WM-Ticket für Augsburg.
Während sich Cheftrainer Klaus Pohlen generell mit den Ergebnissen im Canadier-Bereich zufrieden zeigte – zwei Frauen und Männer waren in das Finale gefahren – fiel sein Fazit im Kajakbereich kritischer aus. Mit Hannes Aigner (Augsburger KV) war nur ein Deutscher in das Finale gepaddelt. So resümierte Pohlen, „im Kajakbereich waren es zu viele Torstabberührungen. Damit ist man nicht mehr in der Lage, vorne mit reinzufahren. Wir sind nicht überall in Schlagdistanz. Da ist noch viel Luft nach oben. Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“ Besser gelungen war das den Deutschen in den Canadierbooten. Entsprechend paddelten alle vier Halbfinalisten in den Endlauf. Hervorstechend die Leistung von Tasiadis, „was Sideris heute gezeigt hat, das war schon ein Top-Lauf. Das war nahe am Ideal“, sagte Pohlen anerkennend.
Selbstkritik des Cheftrainers bezüglich Kanuslalom Extrem
Selbstkritisch äußerte sich der Cheftrainer über die Vorbereitung für die Kanuslalom-Extrem-Wettkämpfe. Mit Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) und Stefan Hengst (KR Hamm) hatten es nur zwei der sechs Deutschen geschafft, sich über die Zeitläufe für das Viertelfinale zu qualifizieren. Funk schied im Viertelfinale aus, für Hengst war das Halbfinale Endstation. Dazu sagte Pohlen: „Es gibt berechtigte Kritik von Sportlern, was die Vorbereitung für Slalomextrem betrifft. Dem können wir uns als Trainerschaft auch nicht verschließen. Da haben wir noch sehr viel Luft nach oben. Dass wir nur mit Zweien unter die Besten 16 hier eingezogen sind, das ist im Vergleich zu den Weltmeisterschaften im vorigen Jahr enttäuschend. Da hat sich die Weltspitze auch wieder weiterentwickelt. Vielleicht haben wir das auch ein bisschen schludern lassen“, resümierte er selbstkritisch. „Da müssen wir jetzt neu überlegen, wie wir das angehen.“
In Canadier-Finals zwei Frauen und zwei Männer
Das beste Ergebnis bei den Canadier-Damen lieferte Elena Lilik (KS Augsburg) mit ihrem fünften Rang ab. Eine Unkonzentriertheit in einem kleinen Wasserfall der Weltmeisterin hatte große Folgen. „Ich hatte ein paar Probleme, als mich eine Welle aus dem Konzept brachte“, erzählte die 23-Jährige. „Dann musste ich eine Rückwärtsdrehung machen, die so nicht geplant war, die mich natürlich viel Zeit gekostet hat.“ Dennoch sei die 23-Jährige in Summe zufrieden. Mehr als zufrieden ist Nele Bayn mit ihrem neunten Platz, auch wenn der Endlauf nicht nach Wunsch verlief. „Am Anfang habe ich bereits eine Rückwärtsdrehung eingebaut, die so nicht geplant war.“ Auch beim kleinen Wasserfall ließ sie im Gegensatz zum Halbfinale Zeit liegen. „Ich kann noch sehr viel lernen, und das werde ich auch“, sagte die 22-Jährige. Bereits in der Qualifikation ausgeschieden war die gesundheitlich angeschlagene Olympia-Bronzegewinnerin Andrea Herzog (Leipziger KC). Es klappte bei der EM leider nichts. Erkältung und Trainingsausfall forderten ihren Tribut.
Bei den Canadier-Herren landete Franz Anton (Leipziger KC) als zweiter Finalist auf Rang fünf. Auch wenn die Platzierung nicht seinen Ansprüchen genügt, so resümierte der 32-Jährige, „die Grundgeschwindigkeit stimmt. Im Halbfinale habe ich einen soliden Lauf gezeigt. Im Finale haben am Ende ein paar Kleinigkeiten die Medaille gekostet.“ Trainingskollege Timo Trummer (KV Zeitz) konnte in den Qualifikationsläufen sein Können nicht zeigen. Sechs Strafsekunden im ersten Lauf waren zu viel, im Hoffnungslauf berührte der Zeitzer zwar nur einmal einen Torstab, allerdings verlor er im mittleren Teil der Strecke zu viel Zeit. Dennoch gab es mit dem Team-Gold noch einen Grund zum Feiern für den Zeitzer. „Ein bisschen Versöhnung ist das schon. Natürlich wäre ich gerne im Halbfinale gewesen. Aber so fahre ich jetzt nicht mit so einem ganz schlechten Gefühl nach Hause“, resümierte der Zeitzer.
Team-Bronze der Herren überstrahlte Kajak-Wettbewerbe
Im Kajak-Einer-Bereich konnte sich lediglich Olympia-Bronzegewinner Hannes Aigner vom Augsburger KV für den Endlauf qualifizieren. In dem 15-köpfigen Starterfeld landete er mit vier Strafsekunden auf dem 13. Platz. Dennoch zeigte sich der 33-Jährige zufrieden, denn zum einen hatte er eigentlich nur eine Torstabberührung. Einen Protest legte Deutschland jedoch nicht ein, da es auch ohne diesen einen Zweier kein Podestplatz gewesen wäre. „Natürlich lief es im Finale nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es ist einfach ein enges Feld, ein enges Rennen im Kajak-Herren-Bereich.“ Zum anderen liegt Aigners Fokus klar auf der Heim-WM Ende Juli in Augsburg. Cheftrainer Klaus Pohlen zollte Aigner Respekt: „Wir wollten im Finale sehen, dass er attackiert. Und das hat er auch gemacht. Man geht damit das Risiko ein, auch mal einen Torstab zu berühren.“
Kanu-Schwabe Noah Hegge hatte als Halbfinal-22. den Einzug in den Endlauf verpasst. Dem 23-Jährigen missglückte bereits der Start, die ersten beiden Strafsekunden leuchtetet schon bei Tor eins an der Anzeigetafel. Hinzu kam eine weitere Torstabberührung. Damit war für ihn der Traum vom Finale aus. „Die Zweier waren sehr ärgerlich, sonst wäre ich im Finale, ja. Aber sie waren nicht zwingend der Grund. Beim Einstieg an Tor eins machte ich einen Fahrfehler, der mich neben den Strafsekunden sehr viel Zeit kostete. Beides war zu viel“, sagte der Augsburger selbstkritisch. Denn schaut er nach vorn. „Ich nehme positive Dinge daraus mit. Ich weiß, woran ich noch arbeiten muss.“ Für den dritten deutsche Kajakfahrer, Stefan Hengst (KR Hamm), waren bereits die Qualifikationsläufe Endstation. Der 28-Jährige hatte keine guten Läufe erwischt. Versöhnung gab es für dem Hammer mit Team-Bronze, dass er gemeinsam mit Aigner und Hegge gewann. Das Trio war als einzige Nation fehlerfrei durch den Stangenparcours gekommen. Hengsts Kommentar danach: „Ich habe gemerkt, dass ich doch noch Boot fahren kann.“
Das Kajak-Damen-Finale fand ohne deutsche Beteiligung statt. Olympiasiegerin und Weltmeisterin Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) und WM-Zweite Elena Lilik (KS Augsburg) verpassten beide den Endlauf. Ein verhängnisvoller Fehler an einer Schlüsselstelle katapultierte Funk aus dem Wettkampf, als die 30-Jährige nach einem Wildwasserfall vor Tor 13 mit ihrem Boot hörbar aufsetzte und komplett neben der Linie war. „Im Endeffekt war es ein kleiner Fehler, der ganz große Auswirkungen hatte“, erklärte die Bad Kreuznacherin. Passiert war es, „weil ich den Absprungschlag ein Ticken zu früh gesetzt hatte. So habe ich Wasser auf das Heck bekommen und es hat mich zu früh reingezogen.“ Die Linie war komplett verloren gegangen, sie musste neu ansetzen, um das kommende Tor nicht zu verpassen. „Mir bleibt nichts anderes übrig, als das jetzt abzuhaken und in den kommen Wettkämpfen besser zu machen.“ Alle Voraussetzungen dazu hat sie, denn der Speed stimmte. Elena Lilik schied denkbar knapp aus. Der Grund: Sie war nicht optimal gestartet. „Oben habe ich nicht so richtig gut ins Rennen gefunden, aber eher vom Gefühl und vom Kopf her. Das hat man dann an der Körperhaltung und an der Konsequenz gemerkt“, begründetet die 23-Jährige den Zeitverlust im ersten Streckendrittel. Obendrauf gab es dort auch zwei Strafsekunden wegen eines berührten Torstabes. „Ab der Mitte hatte ich mich dann wieder gefangen, und ab da bin ich auch recht zufrieden. Darauf lässt sich aufbauen“, sagte sie vorausschauend auf die weiteren Wettkämpfe.
Bereits in der Qualifikation ausgeschieden war die 20-jährige Annkatrin Plochmann (SG Victoria Nürnberg-Fürth). Für sie galt es, wichtigen Erfahrungen bei ihrem ersten Einsatz in der A-Nationalmannschaft zu sammeln. Sie zeigte einen beherzten ersten Qualifikationslauf auf der schwierigen Strecke, verlor dann im zweiten Drittel sehr viel Zeit. Zudem kamen vier Torstabberührungen hinzu, sodass die 20-Jährige als 30. in den Hoffnungslauf musste. In den war Plochmann stark gestartet, auch der mittlere Streckenabschnitt gelang ihr deutlich besser, bis dato sammelte sie auch nur vier Strafsekunden. Doch leider verlor sie kurz vor dem Ziel die Linie, und verpasste das vorletzte Tor. Im Mannschaftswettbewerb fuhr das Damen-Kajak-Trio mit Neuling Plochmann auf einen guten fünften Rang, womit sie zufrieden waren, „auch das Mannschaftsgefühl war da“, sagte Funk.
Text und Fotos: Uta Büttner